Die im August 1907 durch eine "Entschließung" des Großherzogs Ernst Ludwigs von Hessen
genehmigte und am 11. Januar 1908 in einer konstituierenden Sitzung begründete
"Historische Kommission für das Großherzogtum Hessen" verstand sich von
Anfang an als eine eng in den Staat eingebundene Organisation zur Erforschung der -
vor allem älteren - Geschichte des Landes. Die Zuständigkeit bezog sich damit auf die
drei Provinzen Oberhessen (Gießen), Rheinhessen (Mainz) und Starkenburg (Darmstadt) in
ihrem damaligen Bestand.
Panorama von Darmstadt, nach einem Kupferstich von Matthäus Merian, um 1600 (HStAD R 4 Nr. 32731)
Schwerpunkte der Editionsarbeit waren Großprojekte wie die
Herausgabe des Lorscher Codex, des Mainzer Urkundenbuchs, der Regesten der
Erzbischöfe von Mainz, aber auch der Edition von Weistümern und der "Briefe und Akten
Großherzog Ludewigs I." Die neue Reihe der "Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte"
bot einschlägigen Arbeiten ein Publikationsforum. In der Zeit der Weimarer Republik
(nunmehr "Historische Kommission für den Volksstaat Hessen") wuchs das Interesse der -
aus 15 Mitgliedern bestehenden - Kommission für die jüngere Vergangenheit. Wichtige Projekte waren
die "Hessischen Biographien" (3 Bände), die von Wilhelm Diehl erarbeiteten zwölf Bände
der "Hassia Sacra" (12. Band 1952 aus dessen Nachlass) und die mit Unterstützung der
Kommission für bayerische Landesgeschichte erarbeitete Reihe der "Deutschen Geschichtsquellen
des 19. Jahrhunderts". In der Zeit des Nationalsozialismus kam die Kommissionsarbeit in den
letzten Kriegsjahren allmählich weitgehend zum Erliegen.
Hauptversammlung in Groß-Gerau, 1929 (HStAD R 4 Nr. 25643;
weitere Angaben und Namen sind im
HADIS-Eintrag hinterlegt)
Nach Gründung des Landes Hessen und nach Scheitern aller Bemühungen um Konstituierung einer hessischen Gesamtkommission
wurde die alte großherzogliche Kommission unter der Bezeichnung "Hessische Historische Kommission Darmstadt" am 28. April 1950
im Staatsarchiv Darmstadt wiederbelebt. Eine Bindung an den Staat gab es nicht mehr, wenn man von den Aktivitäten des
historisch interessierten Kommissionsmitglieds Ludwig Bergsträsser absieht, als Regierungspräsident für den Bereich der
alten Provinzen Starkenburg und Oberhessen zuständig. An deren Stelle trat eine faktische Personalunion zwischen dem
jeweiligen Darmstädter Archivleiter und dem Kommissionsvorsitzenden - es waren dies zunächst Ludwig Clemm, nach ihm
Friedrich Knöpp und Eckhart G. Franz, zuletzt J. Friedrich Battenberg. Die Zuständigkeit für die nunmehr zum neuen
Bundesland Rheinland-Pfalz geschlagene Provinz Rheinhessen wurde beibehalten.
Die älteren wissenschaftlichen Projekte, soweit sie noch nicht abgeschlossen waren, wurden fortgeführt und durch
weitere Projekte ergänzt. Die alte Reihe der "Quellen und Forschungen" wurde ab Band 21 (1972) gemeinsam mit der
Historischen Kommission für Hessen (Marburg) herausgegeben, doch weitergehende Bemühungen um eine Kooperation
fanden keine Mehrheit. Von den älteren Editionsprojekten werden z. Z. die Protokolle des Mainzer Domkapitels
für die Jahre 1484 bis 1514 und das Mainzer Urkundenbuch fortgeführt. Eine Edition von Berichten der amerikanischen
Militärregierung über Darmstadt, Regesten zur Stadt Bingen sowie eine erweiterte Neuausgabe der "Isenburger Urkunden"
stehen vor dem Abschluss. Wichtige weitere Arbeiten, die 2011/12 abgeschlossen werden, sind das
"Biografische Lexikon des Hauses Hessen" (E. G. Franz), die Darstellung der Landgrafschaft während
der Revolutionskriege (C. Vogel), ein Handbuch zu den Geschwistern Georg Büchner (T. Lange, M. Gröbel),
eine militärhistorische Arbeit zu Heinrich Trajektin v. Solms (D. Herbert), die Bearbeitung eines
Manuskripts Friedrich Uhlhorns zur frühneuzeitlichen Geschichte der Grafschaft Solms (G. Menk) und
eine Arbeit über die Architektur des Klosters Lorsch (C. Forster). Landeskundliche Dissertationen
werden kontinuierlich durch Publikation in der gen. Reihe gefördert, wie eine 2012 veröffentlichte
Arbeit über die NSG-Prozesse am Landgericht Darmstadt (V. Hoffmann).